5 Minuten helfen gegen Prüfungsstress – Lisas Plan

Aufgabenblatt mit vier Aufgaben im Lerncoaching | Horn hilft Lernen

Lisa* mag kein Mathe.

Und immer, wenn sie mir das sagt, kann ich ihre Abneigung an ihrem Gesicht ablesen.
Ihre Nachhilfelehrerin hat Lisa wegen Prüfungsstress zu mir ins Lerncoaching geschickt.
Nun sitzt sie vor mir und erzählt.

Lisa will ihren Abschluss nach der 9. Klasse und sie will „Mathe besser verstehen und mehr lernen“. Und eigentlich würde sie alle Übungsaufgaben im Unterricht und zu Hause lösen können, nur in den Arbeiten selbst klappe das nicht. Das sei schon immer so gewesen.

Damit sei ihr Abschluss schon jetzt gefährdet und auch ihr Ziel, endlich die Schule verlassen zu können, um eine Ausbildung anzufangen.

Ich frage sie, wie sie sich jetzt gerade fühlt.
Sie sagt: „Gut!“, lächelt und gibt sich eine 8 von 10.

„Oh nein, Mathe! Ich kann das nicht.“

Ich lege ihr ein Blatt mit acht Aufgaben hin.
Ein Test!
Lisa sieht Zahlen. „Oh nein, Mathe!“, sagt sie.
Genau.
Ihre Aufgabe: Lese und beantworte die folgenden Aufgaben so schnell wie möglich!
Klasse 6 habe ich darüber geschrieben.
Lisa hat zwei Minuten Zeit.

Sie beginnt direkt mit Aufgabe 2.
Überlegt. Schreibt ein paar Zahlen hin. Guckt auf die Stoppuhr.
„Ich kann das nicht“, sagt sie, versucht es aber weiter.
Noch 30 Sekunden.
Noch 15.
Fünf.
Ende. Die Zeit ist um.

Sie lässt den Stift fallen und sinkt zurück in das Sofa.

Wie fühlst Du Dich jetzt, frage ich sie. Lisa gibt sich eine 1 von 10.
Sie sieht geschafft aus. Was Stress bewirken kann.

Ich mache mit ihr eine einfache Atemübung, ein Standard in meinem Lerncoaching (mehr zum Lerncoaching hier).
Sie tut sich anfangs schwer damit, aber sie macht mit. Zwei bis drei Minuten atmet sie. Danach ist sie wieder auf einer 5 von 10. Ein Anfang.

Und ich löse erst einmal auf.

Das war kein Test für die Klasse 6. Sondern einer für meine Schüler:innen der Oberstufe zur Klausur- und Abiturvorbereitung. Ich habe jetzt für sie nur zwei Matheaufgaben hinzugefügt. Und auf den Inhalt oder die Art der einzelnen Aufgaben kommt es auch gar nicht an.

Höchstens drei von 25 Schüler:innen würden den Test lösen, erzähle ich ihr. Denn nur diese drei lesen sich alle Aufgaben durch, bevor sie mit dem Schreiben beginnen.
Auch Aufgabe 6.
Denn die lautet: Beantworte ausschließlich die erste Frage und lege den Stift dann hin.
Die übrigen Schüler:innen gucken dann immer erstaunt, wenn einige nach wenigen Sekunden den Stift hinlegen und entspannt grinsen.

Warum schaffen das nicht alle? Was passiert bei Prüfungsstress?

Nur wenige Schülerinnen gehen positiv gestimmt in Klassenarbeiten oder Klausuren. Diese kommen mit der Prüfungssituation gut zu recht.
Hat man aber erst einmal negative Erfahrungen gemacht, sind Prüfungstermine meist reinste Energiefresser. So wie bei Lisa.

Stress verhindert dann das Zusammenspiel von rechter und linker Gehirnhälfte. Einfachste Dinge funktionieren nicht mehr. Begriffe, Namen oder Vokabeln fallen einem nicht mehr ein, sind plötzlich weg (Der Neurowissenschaftler Henning Beck beschreibt dies beispielsweise sehr schön in seinem Buch „Das neue Lernen“).
Hinzu kommt der Zeitdruck und die Angst, vor allen Anderen zu versagen.

Wir sind angespannt, atmen flacher, halten vielleicht die Luft an, Sauerstoff fehlt; wir werden unkonzentriert, müde und genervt.
Und wollen nur noch weg.
Fluchtgedanken.

Durch die Atemübung hat Lisa wieder etwas entspannen können. Hat ihrem Körper und Geist etwas Gutes getan. Wieder mehr in Balance gebracht.

Wir überlegen jetzt gemeinsam, wie sie die Prüfungssituation in Zukunft anders angehen könnte. „Atmen“, sagt sie, schmunzelt und fügt hinzu, „und dann erst einmal alles lesen.“

Alle weiteren Tipps für ihre eigene Situation hatte sie im Anschluss – mit ein wenig Hilfe – schnell gefunden:

  • Kläre: was ist das Thema und was fällt mir alles spontan dazu ein?
  • Habe ich Formeln etc. im Kurzzeitgedächtnis, die ich schnell auf der Rückseite / auf einem Notizblatt notieren muss?
  • Welche Aufgaben geben welche Punkte? Und wie hoch ist die Gesamtpunktzahl?
  • Wie viele Punkte benötige ich bspw. zum Bestehen, damit ich die Versetzung schaffe?
  • Sind alle Aufgaben klar verständlich oder habe ich Verständnisfragen?
  • Welche Aufgaben kann ich zuerst lösen, da aus der Vorbereitung bekannt?
  • Wie viel Zeit habe ich und wie teile ich mir diese ein?
  • Plane ich Zeit fürs Ende ein, um zu kontrollieren, ob ich alles bearbeitet habe.

Mit ein wenig Übung benötigen diese Schritte vielleicht fünf Minuten.
Das sind gut investierte Minuten.

Und die restliche Zeit bleibt, um entspannt mit der Bearbeitung der Prüfung zu beginnen.


Lisa heißt in der Realität natürlich ganz anders. Der Fall ist echt. Arbeiten, Klausuren oder andere Prüfungsformen können schnell Stress auslösen. Hier hilft ein individueller Blick auf die Situation.

Und die hier beschriebenen Tipps lassen sich natürlich auch auf andere Fächer in der Schule übertragen.